Rezension zu Michael Wolffsohn „Zum Weltfrieden“

Am Wochenende habe ich das Buch durchgelesen, habe aber für die Rezension etwas länger gebraucht. Wenn man arbeitet, hat man doch weniger Zeit als während der Elternzeit. Nun ist die Rezension aber fertig und eine kleine Rezension wird natürlich auch bei amazon und lovelybooks.de veröffentlicht. Eine größere fachliche Zusammenfassung des Buches nehme ich natürlich hier vor.

Allheilmittel Föderalismus?

In seinem Buch „Zum Weltfrieden“ führt Michael Wolffsohn Krisengebiete und – staaten auf und als mögliche Lösung meistens Föderalismus. Zum einen nennt er territorialen zum anderen personalen Föderalismus.

Er behandelt verschiedene Kommunikationsgemeinschaften in einem Staat, nennt Krisenregionen wie den Balkan, Syrien, Iran und China und als Lösung folgt dann das Stichwort Föderalismus. Der Autor schneidet dann das Thema Einwanderer etwas allgemeiner an. Es folgen 2 Hauptkriegsursachen der Gegenwart und der Zukunft. Beim Thema Öl behandelt er die „Stream-Trassen“ nach Europa, beim Wasser verschiedene lebenswichtige Wasseradern wie das Nilbecken, den Jordan und den Niger.

Im Schlusswort beschäftigt er sich mit den Interventionen, auch den unterlassenen, wie zum Beispiel in Ruanda, sagt aber auch, dass kein Militär ein Nation-Building betreiben kann.

Das Schlüsselwort im Buch ist Föderalismus. Ob es wirklich das Allheilmittel für die Krisengebiete ist, wird sich vielleicht zeigen. Es sind zumindest sehr interessante Denkanstöße und insgesamt ist das Buch sehr gut zu Lesen und sehr interessant. Ich gebe dem Buch 5 Sterne, auch wenn für mich das Thema Somalia als aktuelles Beispiel für Föderalismus fehlt. Und auch Europa und Föderalismus, also ein Europa der Regionen vermisse ich im Buch. Trotzdem wird sehr viel in dem Buch behandelt und von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

Am Anfang nennt der Autor verschiedene Negativbeispiele von Vielvölkerstaaten wie z.B. Österreich-Ungarn oder das Osmanisches Reich, die beide gescheitert sind, da die Fliehkräfte der Minderheiten zu groß geworden waren. Es folgt ein Vergleich von Hitler und Putin in Bezug auf die Annexion des Sudetenlandes und der Krim und die Frage nach Recht, Moral und dem Selbstbestimmungsrecht. Als Rache der Geschichte bezeichnet er die willkürlichen Grenzziehungen in Nahost und Afrika.

Als nächstes führt der Autor verschiedene Modelle von Kommunikationsgemeinschaften in einem Staat auf und nennt als Lösung den Föderalismus. Zu diesen Modellen zählt unter anderem die Schweiz. Als Beispiel für zwischenstaatliche Konstellationen werden die Kurden genannt. Einen neuen Staat hält der Autor nicht unbedingt für besser, als Beispiele nennt er Südsudan, aber auch Bosnien-Herzegowina, das er rät, Gebiete an Kroatien und Serbien abzutreten.

Es folgt eine Auflistung der Krisenregionen dieser Welt. Bei Jordanien und Palästina schlägt der Autor eine Vereinigung vor, da die jordanische Bevölkerung eigentlich auch palästinensisch ist. Auf dem Balkan wird der Kosovo durch seine Bevölkerungsstruktur immer Probleme machen. Die Sowjetunion war ein Vielvölkerstaat mit Problemen an seiner Peripherie, das gleiche trifft auch auf Russland, unter anderem mit den Gebieten Tschetschenien, Dagestan, Ingutschien und Sibirien, zu. In Syrien ist Föderalismus notwendig, genauso wie im Iran, wo im Nordwesten die Azeris leben, die eigentlich zu Aserbaidschan gehören. Im Grenzgebiet von Afghanistan und Pakistan leben die Paschtunen, auch in Afghanistan wäre somit ein föderales System notwendig. In Indien muss für die muslimische Minderheit eine Selbstbestimmung eingeführt werden, da es sonst auch dort früher oder später knallt. Da es in Saudi-Arabien zwar eine sunnitische  Mehrheit gibt, sich die Ölquellen aber in schiitischen Gebieten befinden, muss auch hier eine Lösung gefunden werden, genauso wie in Bahrain, wo das sunnitische Königshaus eine schiitische Bevölkerungsmehrheit gegen sich hat.

China hat gleich 2 Krisengebiete. Zum einen ist dies Xinjiang, 1757 erobert und zuerst islamistisch, mittlerweile sind die Muslime aber in der Minderheit. Das Gebiet hat große Erdöl- und Gasvorkommen, ist auch  Kernwaffentestgebiet und somit für China wichtig. Genauso wie Tibet, 1950 annektiert, das als mögliches Rückzugsgebiet dienen könnte. Auch hier gibt es Öl und Bodenschätze. Zusätzlich ist es das Quellgebiet großer Flüsse, die für China, aber auch Indien lebenswichtig sind. Auch in China muss es irgendwann zum Föderalismus kommen, um diese Gebiete befrieden zu können. Danach könnte es, laut Autor, aber auch zu einem Zusammenschluss mit Taiwan kommen. Nigeria ist momentan zweigeteilt, im Norden gibt es eine islamische Mehrheit, während der Süden christlich ist. Die Ölgebiete befinden sich auch im Süden, daher wurde auch eine kurzzeitige Abspaltung von Biafra 1967 relativ schnell wieder militärisch rückgängig gemacht.

Auch Europa hat Staaten, die mit internen Problemen mit Minderheiten oder Bevölkerungsgruppen zu kämpfen haben. Als erstes wird natürlich Großbritannien genannt, das sich evtl. zu einem Bundesstaat ändern muss um die einzelnen Länder wie Wales und Schottland zu halten. Auch Frankreich hat mit der Bretagne und Korsika Gebiete, deren Einwohner nicht unbedingt Freunde des Zentralismus sind. In Belgien droht schon seit Jahren eine Spaltung, ich denke, hier wird auch kein föderales System mehr helfen. Im Gegensatz zu Spanien wo dringend mit dem Föderalismus die wegdriftenden Regionen mehr Einfluss bekommen müssen. In Estland und Lettland gibt es jeweils eine größere russische Minderheit, die momentan kaum Rechte hat. Um hier für Ruhe zu sorgen, müsste dieser Gruppe mehr Mit- und Selbstbestimmung gegeben werden.

Nach diesen aktuellen Krisenregionen erzählt der Autor, der selbst Jude ist, kurz über die Geschichte der Juden in Europa. Diese wurden in den Ländern immer akzeptiert, sobald aber der wirtschaftliche Aufschwung begann, wurden die Juden aus ihren Berufen gedrängt und verfolgt. Bis jetzt hatte jede dieser Vertreibungen einen Aderlass zu Folge mit starken negativen Auswirkungen.

Ein Blick auf Einwanderer zeigt, dass häufig Einwanderer, die aus militärischen Gründen ins Land gekommen sind, die Macht übernommen haben, wie zum Beispiel die Westgoten oder die Mameluken. In der heutigen Zeit verhalten sich die 1. und 2. Generation der Einwanderer meistens defensiv, die 3. Generation handelt dann schon offensiver.  Da alle westlichen Armeen Nachwuchsprobleme haben, werden auch hier Einwanderer ihren Platz finden.
Danach wird das Buch allgemeiner. Für Michael Wolffsohn ist Demokratie eine Mehrheitsgesellschaft mit Minderheitenschutz. Eine Minderheitenherrschaft kann für ihn keine Demokratie sein. Der Islam war bis jetzt immer das Recht einer mehrheitlich muslimischen Gesellschaft. Eine islamische Minderheit hat noch nie die Macht in einem Staat gehabt.

Es folgen 2 Hauptkriegsursachen der Gegenwart und der Zukunft. Beim Thema Öl behandelt der Autor die „Stream-Trassen“ nach Europa, also North Stream, South Stream und Blue Stream. Als interessante Länder beleuchtet er dabei Russland, Nigeria und die Türkei. Ein Umschwenken der Öllieferungen nach China hält er, aufgrund der geographischen Gegebenheiten noch für zu teuer. Beim Wasser beschreibt er verschiedene lebenswichtige Wasseradern wie das Nilbecken, den Jordan und den Niger und die Probleme, die es um diese Flüsse gibt.

Im Schlusswort setzt sich der Autor zuerst kritisch mit Interventionen des Westens auseinander. Zum einen mit erfolgten, wie zum Beispiel im Kosovo oder Libyen, zum anderen mit unterlassenen wie zum Beispiel in Ruanda. Er sagt aber selbst, dass kein Militär ein Nation-Building betreiben kann. Das Schlüsselwort für ihn ist Föderalismus, die territoriale oder personale Selbstbestimmung.

Da ich ja momentan auch über Fluchtursachen schreibe, ist mir beim Lesen des Buches natürlich Somalia eingefallen. Dort wird ja seit 2012 versucht ein föderales System einzuführen, im Buch von Michael Wolffsohn kommt der Staat aber leider nicht vor. Genauso vermisse ich Europa insgesamt. Was spricht gegen ein föderales System in der EU, also ein Europa der Regionen? Beim Lesen des Buches habe ich mir gedacht, dass die Ideen vom Autor doch eigentlich perfekt zur EU passen würden. Trotzdem kann ich das Buch nur wärmstens empfehlen.

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