Deutsche Außenpolitik 1871-2015 im Zeichen von Reparationen – Die Jahre bis zum 1. Weltkrieg (Teil 1)

Das erste Abkommen, das vom Deutschen Reich geschlossen wurde, war das Dreikaiserabkommen. Im Juni 1873 hatten Kaiser Franz Joseph I. und Zar Alexander II. eine Militärkonvention unterzeichnet. Nachdem Kaiser Wilhelm I. der Konvention beigetreten war, wurde daraus das Dreikaiserabkommen. Das Abkommen war nicht wirklich ein Bündnis eher eine Absprache durch direkte und persönliche Gespräche sich anbahnende Krisen zu vermeiden.
Nach dem Krieg 1871 stand das Deutsche Reich als Neugründung und neue Macht im Zentrum von Europa vor der Isolation. Mit diesem Abkommen wurde dies verhindert und gleichzeitig auch die Annäherung Russlands an Frankreich unterbunden. Es war nicht nur das Ziel von Bismarck die eigene Isolation aufzuheben, sondern gleichzeitig auch Frankreich zu isolieren. Dieses Abkommen wurde aber schon während der Balkankrise aufgelöst, da Russland beim Angriff auf das osmanische Reich keine Rücksicht auf die Interessen von Österreich-Ungarn genommen hatte.

Aber nicht nur das Deutsche Reich, sondern auch Frankreich und Großbritannien waren isoliert. Frankreich hatte koloniale Gegensätze mit Italien, das sich 1882 einem Bündnis mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn anschloss, und mit Großbritannien. Großbritannien wählte selbst die Isolation, um Bündnislos handlungsfreier zu sein.

Bismarck selbst sorgte allerdings auch für eine Isolation vom Deutschen Reich, als sein Mitarbeiter Konstantin Rössler im April 1875 in der Berliner „Post“ einen Artikel „Ist Krieg in Sicht?“ veröffentlichte. Frankreich hatte nach dem Französisch-Deutschem Krieg mit der Wiederaufrüstung begonnen und der deutsche Generalstab wertete dies als Androhung eines Revanchekrieges. Es wurde daraufhin ein Präventivkrieg gegen Frankreich gefordert. Bismarck versuchte den Artikel dann mit einem weiteren Artikel zu entschärfen, allerdings war da das Malheur schon passiert. Russland nutzte die Gelegenheit, um sich als europäischer Friedenstifter zu präsentieren, während Bismarck das Deutsche Reich isoliert hatte. Die anderen Großmächte in Europa waren an einem starken Frankreich interessiert, da sie einen Gegenpol zum mächtigen Deutsche Reich benötigten. Nach diesem Fehltritt änderte Bismarck seine Außenpolitik, um das Deutsche Reich selbst als Friedensstifter zu präsentieren.

In der Balkankrise 1876-1878 konnte Russland weite Teile des osmanischen Reiches erobern und wollte mit Bulgarien einen abhängigen Satellitenstaat gründen. Im Vorfrieden von San Stefano konnte Russland die Bedingungen diktieren. Bulgarien sollte dabei einige Gebiete bekommen und sogar einen Mittelmeerzugang. Die anderen europäischen Großmächte waren damit natürlich nicht einverstanden und so rief Bismarck im Juni 1878 zum Berliner Kongress, um Streitigkeiten zu besprechen. Am meisten Druck kam von Großbritannien, das Russland offen mit Krieg drohten, falls Russland weiter vorrücken sollte. Beim Kongress wurde die Unabhängigkeit von Rumänien, Serbien und Montenegro beschlossen. Bulgarien selbst erhielt nur einen Sonderstatus, musste aber dem osmanischen Reich tributpflichtig bleiben. Rumänien erhielt mit der Dobrudscha weiteres Gebiet, musste aber dafür Bessarabien an Russland abgeben. Großbritannien pachtete Zypern und Österreich-Ungarn durfte Bosnien und die Herzegowina besetzen. Das Deutsche Reich bekam nichts, Bismarck wollte nur die Rolle des „ehrlichen Maklers“ einnehmen.

Russland war mit diesen Beschlüssen natürlich nicht einverstanden und der Zar Alexander II. schrieb 1879 sogar einen „Ohrfeigenbrief“ an Kaiser Wilhelm I. Er fühlte sich von ihm beim Kongress hintergangen, da Russland im französisch-deutschen Krieg diplomatisch auf preußischer Seite gestanden hatte und es den Anschein hatte, als würde sich das Deutsche Reich eher Österreich-Ungarn zuwenden, welches aber Russland feindlich gesinnt war.

Wenige Tage nachdem der Berliner Kongress beendet war, besetzte Österreich ab dem 29. Juli Bosnien und die Herzegowina. Allerdings musste es erst den Widerstand der Bevölkerung unter verlustreichen Kämpfen brechen.

Nach dem Berliner Kongress, als das Deutsche Reich wieder ohne Bündnispartner da stand, wurde 1879 mit dem Zweibund ein Defensivvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn abgeschlossen, der allerdings erst 1888 veröffentlicht wurde. Ursprünglich war von Bismarck eine noch stärkere Zusammenarbeit gewünscht, die von österreichischer Seite aber abgelehnt wurde. Der Zweibund war das einzige Bündnis des Deutschen Reiches, welches wirklich langfristig hielt.

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